Fahrbericht Opel Frontera Electric: Gelungenes E-SUV mit kleiner Batterie

Bei Opel unternimmt man einen weiteren Anlauf, um die Elektromobilität in die Breite zu tragen. Das könnte mit dem Frontera klappen.

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Opel Frontera 2025

(Bild: Opel)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Warum Opel sich entschlossen hat, ausgerechnet den Namen Frontera wiederzubeleben, wissen wir nicht. Wahnsinnig erfolgreich war der Vorfahr in den 1990er-Jahren schließlich nicht. Den meisten Kunden dürfte die Historie freilich vollkommen egal sein. Für sie zählt, dass Opel mit dem neuen Frontera ein Auto ins Programm nimmt, was viel Pragmatismus für einen vergleichsweise kleinen Preis bietet. Eine erste kurze Ausfahrt zeigt, dass er ein gelungenes Auto ist, sofern man eben die Grenzen akzeptiert, die durch die Kalkulation gesetzt sind.

Die Basis wirkt ein wenig arg zusammengestrichen, doch eine Aufrüstung ist nicht allzu teuer. Im Grundmodell für 28.990 Euro hat das Radio nicht einmal ein eigenes Display. Stattdessen gibt es vor einer schwarzen Kunststofffläche einen Handyhalter. Über eine App auf dem Smartphone soll dann alles Wesentliche zu bedienen sein. Die Lösung schaut so traurig aus, dass vermutlich nur eine Minderheit einen Neuwagen so konfigurieren wird. In der "Tech-Paket-Edition" für 1000 Euro sieht das dann so aus, wie es die meisten Käufer in einem aktuellen Auto erwarten werden. Dann werden über einen Zehn-Zoll-Touchscreen Infotainment und Bordcomputer bedient. Auch Mittelarmlehne, Rückfahrkamera und induktive Handy-Ladeschale sind in diesem Paket enthalten.

Ein bisschen alte Schule behält Opel bei. Wie in einigen anderen E-Autos der Marke kostet ein Dreiphasenlader, der 11 kW an Wechselstrom ermöglicht, auch im Frontera Aufpreis. Mit 400 Euro ist er günstiger als im Corsa Electric. Ob man ihn benötigt, hängt vom Fahrprofil ab. Das serienmäßige AC-Ladegerät kann mit bis zu 7,4 kW laden, allerdings nur einphasig – also beispielsweise an einer öffentlichen 22-kW-AC-Ladestation. Die Beschleunigung durch den aufpreispflichtigen Lader ist hier demnach gering. Bei einem angenommenen Verbrauch von 18,5 kWh/100 km (WLTP-Angabe für den Frontera) lädt man mit dem optionalen Lader an einer öffentlichen 22-kW-Säule rund 19,5 km pro Stunde mehr Reichweite nach.

Ein ganz anderes Bild ergibt sich an einer 11-kW-Wallbox. Hier lädt der serienmäßig ausgestattete Frontera mit 3,7 kW, weil er nur eine Phase anspricht. Statt knapp 20 km werden mit dem Dreiphasen-Lader in einer Stunde etwa 60 km WLTP-Reichweite nachgeladen. Wer also darauf angewiesen ist, die Batterie daheim mit maximalem Tempo laden zu können, muss die 400 Euro einplanen. Eine Wärmepumpe gibt es bislang auch gegen Aufpreis nicht, auch eine gezielte Vorkonditionierung der Batteriezellen ist nicht vorgesehen.

An Gleichstrom sind in der Spitze so oder so 100 kW möglich. Opel nennt eine Zeit von 26 Minuten für die Aufladung von 20 auf 80 Prozent. Das entspricht 26,4 kWh, die netto nachgeladen werden müssen. Die durchschnittliche Netto-Ladeleistung in diesem Fenster liegt demnach – unter idealen Bedingungen – bei knapp 61 kW. Damit empfiehlt er sich nicht zwingend als idealer Langstrecken-Kandidat. Wer das mit dem Frontera vorhat, muss sich gedulden – entweder unterwegs oder bei der Bestellung, denn eine Version mit größerer Batterie soll folgen. Bis dahin tröstet vielleicht ein wenig, dass ein deutlich teurerer Ford Puma Gen E in dieser Hinsicht auch nicht mehr bietet. Mit 44 kWh sollen unter den Bedingungen des WLTP bis zu 305 km am Stück möglich sein. Auf der Autobahn wird man eher spätestens nach 200 km anfangen, eine Lademöglichkeit zu suchen. Ganz klar: Der Frontera ist in dieser Form vor allem für einen Alltag mit kurzen bis mittleren Distanzen gedacht – und daraus bestehen viele Fahrprofile.

Opel Frontera 2025 (13 Bilder)

Die Front des Opel Frontera wirkt weniger zerfurcht als die des technisch baugleichen Citroën. (Bild:

Opel

)

Auf der ersten Proberunde fällt eine relativ straffe Fahrwerksauslegung auf, die den Komfort allerdings nicht zu sehr beschneidet. Die Feder-Dämpfer-Abstimmung ist harmonisch und gelungen. Obwohl sich die Karosserie in Kurven durch die wenig nachgiebige Auslegung von Federn und Dämpfern kaum neigt, werden Unebenheiten in ausreichendem Maße abgefangen. Im Innenraum geht es zudem angenehm leise zu, was auch an der guten Verarbeitung des Testwagens liegt. Der Hartplastikanteil im Innenraum ist zwar sehr hoch, doch es knistert oder knarzt nichts. Die Sitze sind ebenfalls bequem, auch wenn sie kein AGR-Sigel haben, wie das sonst bei Opel in vielen Modellen zu haben ist.

Der Radstand misst 2,67 m und damit etwa so viel wie beim ähnlich langen Opel Astra. Die hinteren Türen schwingen weit auf, was den Zugang leicht macht. Wer mag, kann die teurere Ausstattungslinie "GS" für 800 Euro extra auch mit einer dritten Sitzreihe ordern. Dass der Platz dort bestenfalls für Kinder reicht, dürfte angesichts der Gesamtfahrzuglänge von 4,39 m klar sein. Der Kofferraum fasst als Fünfsitzer 460 Liter, was für diese Fahrzeuggröße ein eher durchschnittlicher Wert ist. Klappt man die zweite Sitzreihe um, sollen maximal 1600 Liter in den Gepäckraum passen.

Der Frontera wiegt inklusive eines 75-kg-Fahrers mindestens 1514 kg. Die E-Maschine ist mit 83 kW und 125 Nm vor diesem Hintergrund nicht üppig dimensioniert. Der in vielen E-Autos übliche Schlag beim Beschleunigen fällt hier aus. Für das alltägliche Gewusel in dichtem Verkehr reicht das Gebotene selbstverständlich trotzdem locker aus. Bei 140 km/h wird elektronisch jedem weiteren Tempozuwachs ein Riegel vorgeschoben. Auf verschiedene Fahrmodi haben die Opelaner verzichtet. Sobald es schneller bergauf gehen soll, merkt man die fehlende Kraft ein wenig. Nach dem Start des Autos arbeitet die Rekuperation mit dem maximalen Verzögerungswert von 1,2 m/s2. Unterhalb des Automatikwählhebels befindet sich jetzt anstelle des Knopfes für mehr Rekuperation ein C(omfort)-Button, der die Energie-Rückgewinnung um 0,4 m/s2 minimiert. Das hat sich beim Fahren als angenehm erwiesen.

Mit dem, was die meisten Käufer vermutlich ordern werden, kostet der Frontera Electric zwischen 30. und 33.000 Euro. Dafür liefert Opel ein sauber verarbeitetes, komfortables E-Auto im angesagten SUV-Format. Wer den Mild-Hybrid mit 74 kW bevorzugt, wird ab 23.900 Euro bedient. Zum Problem für Opel könnte werden, dass es das gleiche Auto in minimal anderer Verpackung von Citroën für weniger Geld gibt. Ein ë-C3 Aircross ist ab 26.490 Euro zu haben. Warum Opel meint, für den gelungenen Frontera gleich rund 2500 Euro mehr in Rechnung stellen zu können, erschließt sich spontan nicht. Aber der Markt wird das vermutlich ebnen.

(mfz)